Rebel-Management-Training denkt nach!

Nadine Rebel

Boxen versus Poledance - zwei Sportlerinnen vergleichen

Boxweltmeisterin Tina Rupprecht im Interview mit Nadine Rebel

Anlässlich einer Abendveranstaltung durfte ich den Ausführungen der 6fachen Weltmeisterin im Boxen, Tina Rupprecht lauschen.

Zugeschnitten auf Unternehmer (m, w, d) resümierte Tina Rupprecht über Strategien, Vorbereitungen, Training, Durchhaltevermögen, Siege und (scheinbare) Niederlagen, aber auch über Authentizität und den eigenen Stil.

Und ich saß mit zustimmendem Kopfnicken im Publikum. So entstand die Idee, ein Interview über Sportarten zu führen, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam zu haben scheinen.
(Den Mitschnitt des Interviews zum Anhören findet man bei YouTube)

 

Nadine:

Liebe Tina, vielen Dank nochmals für deine Ausführungen anlässlich des Kaminabends im Ringhotel Alpenhof und danke Dir, dass wir nochmals über deine Gedanken sprechen können.

Um nicht sofort kopfüber in ein Fettnäpfchen zu springen, beginne ich mit folgender Frage: Welche Frage nervt dich eigentlich am meisten, wenn dich Personen zu deinem sportlichen Werdegang befragen?

 

Tina:

(Lacht) Nerven im strengen Sinne tut mich keine Frage. Ich bin es gewohnt und die Leute sind einfach neugierig, weil es nicht alltäglich ist. Aber die Frage, die sehr oft gestellt wird, und das häufig von Männern ist, ob ich sie denn K.O. schlagen könnte. Meine Antwort darauf ist, dass ich das natürlich könnte.

 

Nadine:

Und dann weichen die Männer einen Schritt zurück?

 

Tina:

(Lacht) Nun ja, ich würde es raten. Nein, das ist natürlich Spaß. Was auch häufig zu Gesprächsbeginn erwähnt wird, ist dass der Opa oder ein sonstiger Verwandter auch mal Tae Kwon Do gemacht hätte. Und dann denke ich mir, dass ich selbst keine Ahnung von Tae Kwon Do habe, aber für viele Personen ist Kampfsport einfach Kampfsport, da achtet man nicht auf Unterschiede.

 

Nadine:

Ist deine Reaktion abhängig von deiner Tagesform oder reagierst Du immer gelassen?

 

Tina:

Ich bin da immer gelassen, so ist auch mein Naturell. Auch wenn ich selbst einen schlechten Tag habe, begegne ich den Menschen freundlich, denn sie können ja nichts dafür, wenn ich einen schlechten Tag habe.

 

Nadine:

Wenn Du deine Beziehung zum Boxen, ihre Entstehung und ihren heutigen Entwicklungsstand beschreiben würdest, wie würdest Du das tun?

 

Tina:

Das Boxen ist meine Herzensangelegenheit, meine große Leidenschaft, aber auch mein Beruf. Und das ist die schöne Entwicklung, dass ich mein Hobby, mit welchem ich als Kind begonnen habe und so leidenschaftlich betrieben habe, dass ich es jetzt auch zu meinem Beruf gemacht habe. Das ist das Schönste, das wünscht sich jeder. Ich liebe einfach, was ich tue. Darauf bin ich auch stolz.

 

Nadine:

War das von Anfang an der Plan, oder hat sich das so ergeben. Du hast recht früh angefangen (mit 12), oder ist das für den Boxsport noch früh? Denn beim Ballett sagt man ja, man müsse bereits mit 3 oder 4 Jahren beginnen.

 

Tina:

Unterbewusst glaube ich tatsächlich beides. Als Kind mit 12 Jahren weißt du ja noch gar nicht, was du als Erwachsener einmal machen möchtest. Aber als ich dann angefangen hatte, den Sport so intensiv zu betreiben, war der Wunsch schon auch da, das später einmal als meinen Beruf ausüben zu können. Für den Kampfsport war das Alter zum Starten genau richtig. Im Kampfsport ist das anders als beispielsweise im Ballett, im Hinblick auf die Beweglichkeit. Aber beim Kampfsport kann man auch „später“ starten und immer noch gut was reißen. Bestes Beispiel Anthony Joshua, Ex-Weltmeister im Schwergewicht, hat erst mit 18 angefangen und war dann noch Olympiasieger und Weltmeister. Im Kampfsport ist das kein Problem.

 

Nadine:

Du hast in deinem Vortrag viele Punkte angesprochen, die ich innerlich bejahen konnte. Du sprachst davon, dass man manchmal den Trainer verflucht, dass man manchmal den Sinn hinter einer Trainingsübung nicht versteht, es aber dennoch macht. Welche Rolle spielt dabei das Vertrauen in den Trainer, welche Rolle das Funktionieren, weil es von einem erwartet wird?

 

Tina:

Beides spielt eine sehr große Rolle. Der Trainer hat einen Plan. Hinter allem, was er von dir verlangt, steckt ein Grund, warum du das jetzt machst. Der Trainer weiß auch, warum er das als sinnvoll erachtet. Und wenn du dem Trainer nicht vertraust, dann wirst du das natürlich in Frage stellen. Aber wenn man dem Trainer fast schon blind vertraut, dann stellt man diese Fragen nicht, man macht es einfach. Dazu gehört die Bereitschaft, dass ein guter Sportler ein bisschen wie ein guter Soldat ist: Er fragt nicht, er führt die Befehle aus. Dann wird er auch den Sinn dahinter erkennen. Vielleicht nicht sofort, aber später.

 

Nadine:

Ist es wichtig, dass der Trainer das, was er von Dir verlangt, argumentativ belegen kann oder reicht das Vertrauen?

 

Tina:

Ich glaube beides. Man darf natürlich nachfragen, das mache ich auch, wenn ich nicht verstehe, warum ich etwas machen soll. Und wenn mir der Trainer es dann erklären kann, dann verstehe ich es auch. Aber das mache ich nicht immer, manchmal folge ich einfach. Aber natürlich macht auch das einen kompetenten Trainer aus, dass er die Dinge begründen kann, die er verlangt. Und je besser man sich kennt und je größer das Vertrauen wird, umso geringer wird die Häufigkeit des Hinterfragens.

 

Nadine:

Was mir auch gut gefallen hat, war deine Erklärung, dass man sich seiner selbst dahingehend bewusst sein muss, dass man mit den Kräften bis zum Ende haushalten kann und muss. Das ist im Pole-Sport und auch bei Aerial Hoop ähnlich. Ich versuche immer wieder deutlich zu machen, dass noch ausreichend Kraft vorhanden sein muss, um den Boden wieder sicher erreichen zu können, sonst kann es gefährlich werden.

Welche Gefahren entstehen, wenn Du als Boxerin Dir deiner selbst nicht bewusst bist?

 

Tina:

Beim Boxsport weiß ich vor dem Kampf, über wie viele Runden dieser gehen wird. Und dementsprechend muss ich mir meine Kraft einteilen. Wenn ich in der ersten Runde alles gebe und dann in den restlichen Runden keine Kraft mehr habe, dann werde ich wahrscheinlich verlieren. Ich muss mir meine Kräfte gut einteilen. Dafür musst du dich selbst auch kennen. Wie funktioniert mein Körper? Wie fit bin ich? Und das lernst du durch das tägliche Training. Jeden Tag Training, jeden Tag über die Rundenanzahl gehen, man weiß, wie anstrengend es ist, man lernt seinen Körper kennen. Und das wiederum kann man nur durch das Training erreichen. Und dann kann man es gut steuern.

 

Nadine:

Welche Rolle spielt die Reflexion nach dem Training?

 

Tina:

Ja, auf jeden Fall. Nach dem Training, nach dem Wettkampf.

 

Nadine:

Welche Rolle spielen Dinge, die Du nicht beeinflussen kannst? Im Pole- und Hoop-Sport ist der Grip elementar wichtig. Ist dieser nicht da, muss man mit mehr Kraft und mehr Spannung ausgleichen. Ich habe es aber nicht in der Hand, dass der Hoop oder die Pole mir einen besseren Grip offeriert. Das ist tagesformabhängig. Was gibt es im Boxsport für Dinge, die man nur bedingt in der Hand hat?

 

Tina:

Boxen ist ein Kampfsport. Ich kann das Gegenüber nicht wirklich beeinflussen. Jeder Gegner ist komplett anders und es kommt auf dich an, wie du dich auf deinen Gegner einstellst. Wenn man sich mit einer bestimmten Taktik auf den Gegner vorbereitet und dieser dann plötzlich etwas komplett anderes macht, dann kommt es auf dich an. Dann musst du dich umstellen, dann musst du die Fähigkeit haben, dass du flexibel reagieren kannst. Du musst die Fähigkeit haben, dich anzupassen. Was ich auch nicht beeinflussen kann, sind die Punktrichter und den Ringrichter. Natürlich kann man die Wertungen teilweise dann als unfair empfinden, aber dann musst du eben in einer Weise kämpfen, dass es gar keine Zweifel gibt.

Und auch, wenn das manchmal schwerfällt, so muss man es dann akzeptieren. Man darf die Gründe nicht im Außen suchen, sondern sollte immer bei sich selbst anfangen. Und wenn man sich so gut wie möglich vorbereitet und dann in einen Wettkampf geht mit der Gewissheit, alles dafür getan zu haben, dann kann damit leben, egal wie es ausgegangen ist. Weil man alles getan hat, was man tun konnte.

 

Nadine:

Wann hast Du für dich gemerkt, dass der Box-Sport DEIN Sport ist? Wann hast Du für dich erkannt, dass Du diesen Sport nicht mehr missen möchtest?

 

Tina:

Das war bei mir relativ einfach. Ich habe es bereits nach dem ersten Training als Kind gemerkt, dass es absolut meins ist. Aber es ist auch heute, 18 Jahre später, noch so, dass ich mich nach dem Training gut fühle. Natürlich gibt es auch Trainingstage, die nicht gut laufen. Das ist menschlich. Aber immer, wenn ich aus dem Ring rausgehe, merke ich, dass es mich erfüllt. Es macht mir eine unheimliche Freude, mich auszupowern. Der Spaß, den ich immer noch an diesem Sport habe, nach all den Jahren und der Wettkampf, das Adrenalin, die Nervosität, all das ist es. Wenn man aus dem Ring kommt, dann freut man sich, dass man es gemacht hat. Man verlässt seine Komfortzone, man wagt etwas, man riskiert etwas. Und das empfinde ich beim Boxsport als unglaublich spannend.

 

Nadine:

Wie lernt man es im Boxsport mit den Schmerzen umzugehen, oder ist es dort auch so, dass man die Schmerzen im Moment nicht spürt? Du sprachst davon, dass man die eigene Komfortzone verlassen muss. Und Schmerzen passen nun einmal so gar nicht zur eigenen Komfortzone.

 

Tina:

Richtig ja. Es ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Boxen ist hart und es tut weh und man spürt es und es ist nicht schön, einen Schlag ins Gesicht zu bekommen, aber so ist eben der Sport und das gehört dazu. Ein Boxer muss beides können: Austeilen und auch einstecken.
Im Kampf selbst hat man so viel Adrenalin im Körper, dass man die Schläge schon spürt, aber es ist einem egal. Man ist vollkommen fokussiert, du willst einfach nur gewinnen. Klar tut dir am nächsten Tag schon mal der Kopf weh, oder man hat blaue Flecken oder einen Cut, aber das gehört dazu, so wie in jedem Sport. Turner haben aufgerissene Hände oder Schwielen, ihr vielleicht auch? So bringt jeder Sport seine Leiden mit sich. Das ist ein Preis, den man zu zahlen bereit sein muss.

 

Nadine:

Ja, da hast Du Recht. Wir haben keine schönen Hände, es sind überall Schwielen, die sind auch notwendig, sonst tut es noch mehr weh. Am Anfang gibt es viele blaue Flecke, da man die Kraft noch nicht so gut aus der Muskelspannung ziehen kann und deswegen nur mit dem Druck arbeitet, man zwickt die Beine zusammen und klemmt sich fest. So sind neue Figuren am Anfang häufig mit vielen blauen Flecken verbunden. Nicht umsonst gibt es Shirts auf denen zu lesen ist: „My boyfriend doesn’t beat me - I’m a Pole Dancer.“

 

Tina:

Das T-Shirt könnte ich auch anziehen.

 

Nadine:

Deswegen frage ich bei Junggesellinnenabschieden immer, wann die Hochzeit ist. Denn es handelt sich bei diesen Gruppen häufig um Anfänger, die es eben mal ausprobieren wollen. Ist die Hochzeit dann in 3 Tagen, überlege ich mir vorher, welche Klemm- und Haltefiguren ich einbaue, damit es am Hochzeitstag nicht so aussieht, als ob die Braut vor den Traualtar geprügelt worden wäre.

 

Blaue Flecken und Kollateralschäden. Sie können vorkommen. Man versucht sie zu vermeiden.

Einige sind nicht zu vermeiden.

 

Viele schlimme Fehler sind nur zu vermeiden, wenn man absolut konzentriert vorgeht, und das wird beim Boxen ähnlich sein, denke ich, oder? Wenn man die Konzentration verliert, dann verzeiht bei uns das Trainingsgerät den Fehler nicht und in deinem Fall wird es die Gegnerin nicht verzeihen.

 

Tina:

Absolut. Wenn Du im Boxen nicht aufmerksam und konzentriert bei der Sache bist, dann kriegst Du halt Schläge und das tut weh. Aber daraus lernt man auch. Und wenn man dann dranbleibt, dann kann man wirklich gut werden. Es sind die Sportler, die es wirklich wollen und die wirklich gut werden können, weil sie den Ehrgeiz haben, trotzdem weiterzumachen, auch wenn etwas mal nicht funktioniert hat.

 

Nadine:

Du hast gerade den Ehrgeiz angesprochen. Gibt es guten und schlechten Ehrgeiz? Gibt es gesunden Ehrgeiz, gibt es falschen Ehrgeiz? Kennst Du beides und wie würdest Du es unterscheiden?

 

Tina:

Ja, ich kenne beides. Ohne Ehrgeiz bist du im Leistungssport am falschen Platz. Es sind zwei Fragen, die zu stellen sind. Wie misst man sich an seinen eigenen Leistungen, an seinem eigenen Fortschritt und wie misst man sich mit der Konkurrenz. In meinem Fall muss ich mich mit der Konkurrenz messen, denn es geht darum, wer der Beste ist, wer ganz oben ist. In diesem Fall kommt man um einen Vergleich nicht herum. Es ist sehr individuell. Es gibt auch Personen mit krankhaftem Ehrgeiz, aber auch solche Leute sind an der Weltspitze, weil sie einfach keine Grenzen kennen. Deswegen ist es schwer zu beurteilen, was falsch und was richtig ist. Jeder hat seine eigene Art. Michael Jordan ist bekannt dafür, dass er einen sehr ausgeprägten Ehrgeiz hat und manchmal ohne Rücksicht auf Verluste vorgeht. Dadurch eckt er eben auch manchmal an, auch beim Team. Aber er hat sein Ziel vor Augen und alles außenherum ist ihm egal. Aber ohne Ehrgeiz geht es im Sport nicht, denke ich.

 

Nadine:

Ja, es kommt auf eigenen Ehrgeiz an. Deswegen ist die Frage neuer Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach einem genauen Zeitablauf, bis sie dieses oder jenes können auch so schwer zu beantworten. Es ist, wie Du es gerade geschildert hat, so individuell. Es kommt auf den Ehrgeiz an, es kommt auf die eigene Komfortzone an, es kommt darauf an, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, darauf, das Beste aus dem jeweiligen Training herauszuholen, auch wenn die Rahmenbedingungen bescheiden sind, weil einem alles weh tut, weil man mit der Atmung nicht hinterherkommt oder die Stange keinen Grip hat. Und trotzdem ist kein Training umsonst. Das bringt uns nochmal zu dem Punkt der Komfortzone.

 

Diese ist ja sehr persönlichkeitsabhängig. Karl Lagerfeld sagte einmal, Persönlichkeit begänne dort, wo der Vergleich aufhört. Nun sagst Du, dass der Vergleich wichtig ist, gerade wenn man sich in den Ring stellt, wenn man etwas erreichen möchte, wenn man besser sein will, wenn man als Siegerin aus dem Kampf hervorgehen möchte.

 

Welche Rolle spielt die Persönlichkeit und welche Rolle der Vergleich?

 

Tina:

Den Punkt finde ich gut. Ich möchte es an einem Beispiel festmachen. Ich habe einen Kampf und ich verliere diesen Kampf. Dann ist mein erster Gedanke, dass ich heute schlechter war. Aber hier finde ich, dass man es genau betrachten muss. Man kann auch den Vergleich zu sich selbst ziehen. Wie habe ich heute geboxt im Vergleich zu meinem letzten Kampf? In welchen Punkten habe ich mich verbessert? Was habe ich vorbereitet und konnte ich es umsetzen? Konnte ich Dinge, an denen ich gearbeitet habe, umsetzen? Und wenn ich diese Fragen mit Ja beantworten kann, dann habe ich den Vergleich mit mir selbst. Und selbst wenn das Ergebnis des Kampfes für mich eine Niederlage bedeutete, kann es trotzdem ein Erfolg für mich sein, wenn ich für mich das mitnehme, worin ich mich persönlich verbessert habe.

 

Vielleicht war die Gegnerin heute auch eine sehr starke Gegnerin. Aber trotzdem habe ich mich verbessert. Dann ist dennoch ein Fortschritt für mich, auch wenn ich den Kampf verloren habe.

 

Nadine:

Also wieder die wichtige Selbstreflexion hinterher, die ganze Sache zu analysieren, was war gut, was behalte ich bei, was mache ich das nächste Mal anders. Das waren auch die Punkte, die sich gut auf das Unternehmertum übertragen ließen. Wenn wir zusammen und wenn Du resümierst, wie hat dich der Boxsport verändert? Welcher Mensch bist Du durch den Boxsport geworden? Ich meine das auch im Hinblick auf die Potenzialentwicklung. Entwicklung heißt auch immer, dass man gewissermaßen etwas auspackt und zum Vorschein bringt, was vorher schon da war, es im wahrsten Sinne des Wortes auspackt, entwickelt. Welche Eigenschaften konntest Du, und kannst es immer noch, durch den Boxsport zum Tragen, zum Glänzen, zum Schillern bringen?

 

Tina:

Der Boxsport hat mich sehr viel gelehrt. Ich habe gelernt, mich auch einmal durchzusetzen. Oft werde ich als kleine süße Tina wahrgenommen, aber im Ring bin ich eben nicht so. Dort bin ich eben eine Kämpferin, im Leben auch. Aber im Ring geht es eben auch mal hart zu und da ist man nicht nett und da kann man auch mal das Harmoniebedürfnis zur Seite schieben. Und das sind für mich auch ganz krasse Gegensätze, wenn ich das auf mich selbst beziehe, da ich sehr harmoniebedürftig bin. Aber im Ring mag ich es eben hart. Es sind viele Dinge dabei, die einem durch jeden Sport gelehrt werden. Der Umgang mit Emotionen, gegenseitiger Respekt, Respekt vor dem Gegner, den Teamkameraden gegenüber, dem Trainer gegenüber. Und natürlich Disziplin. Im Sport merkt man sehr schnell, dass ohne Disziplin gar nichts geht. Und wenn ich mal keine Lust habe auf das tägliche Training, dann gehe ich trotzdem hin, weil ich etwas erreichen will.

Das alles sind Werte, die man nicht nur im Sport braucht, man benötigt sie in jedem Bereich, ganz gleich ob es das Privatleben ist, ob das mein Job ist, ob es die Schule ist - man braucht es immer.

 

Nadine:

Würdest Du sagen, dass Dir der Boxsport gezeigt hat, was für eine facettenreiche Persönlichkeit du bist und wo Du diese Facetten ausleben kannst?

 

Tina:

Ich glaube schon. Es ist einfach ein Ventil, durch welches ich das alles entdeckt habe. Ich könnte mir auch vorstellen, dass ich das eventuell auch auf eine andere Art und Weise herausgefunden hätte, wenn ich nicht auf den Boxsport gekommen wäre. Ich habe gemerkt, dass ich diese Power mag und diese ist natürlich untrennbar mit dem Boxsport verbunden, für mich.

 

Zusammenfassung:
Super spannend. Ein paar Punkte, habe ich schon beim ersten Mal, als ich deinen Ausführungen gelauscht habe, mitgenommen, diese fasse ich hier am Ende unseres Interviews noch einmal zusammen.

 

Wenn Du das Schlusswort übernimmst, was möchtest Du den Lesern und Leserinnen noch sagen?

 

Tina:

Im Kampf ist es ein Kampf eins gegen eins. Dennoch gibt es Regeln, die man einhalten muss. Und wenn du das nicht tust, dann wirst Du disqualifiziert. Und dieser sportliche Respekt ist wichtig, den braucht man auch in anderen Bereichen. Zum Beispiel auch in der Schule. Man muss seine Aufgaben erledigen und sich in auch an Regeln halten. Wenn man das nicht tut, gibt es Konsequenzen, so wie überall. Und so gilt es, auch wenn man einmal nicht einer Meinung ist, dies auch respektvoll rüberzubringen. Man muss sich ja nicht gleich auf die Fresse hauen (lacht). Im Ring schon, aber im Nachgang ist es ja dennoch immer noch ein sportlicher Wettkampf.

 

Nadine:

Ja, aber ein fairer Schlagabtausch im wahrsten Sinne des Wortes. Auf Augenhöhe und nicht mit dem Ziel, den anderen niederzumachen in dem Sinne, dass er auch nach dem Kampf nicht mehr aufstehen kann, sondern bezogen auf diese Zeit im Ring, jetzt, unter fairen Regeln, für beide klar, für beide abgesprochen. Niemand wird überrannt.

 

Tina:

Genau. Es sind auch nicht nur die Regeln, die im Kampf wichtig sind. Es sind auch die Regeln vor dem Kampf. Du wirst ja gewogen, du musst ja dein Kampfgewicht auch bringen, damit beide Boxer eben auch das gleiche Gewicht haben, damit es fair ist.

Wenn jetzt einer, und seien es nur 5kg, mehr wiegt, dann ist es eben nicht mehr fair, weil er dann eben mehr Masse hat. Und das sind die Dinge, die wichtig sind.

 

Nadine:

Das war jetzt genau das, was ich mir erhofft und erwünscht habe. Ein superspannendes Interview. Ich bedanke mich, dass Du dir die Zeit genommen hast, und fühle mich richtig geehrt. Von unseren Niveaus sind wir natürlich ganz unterschiedlich. Ich mache das nur im Kleinen und jetzt hatte ich die Möglichkeit mit einer großartigen Profi-Sportlerin auf Weltklasse-Niveau sprechen zu können. Dafür möchte ich mich nochmals ganz herzlich für deine Bereitschaft und deine Zeit bedanken.

 

Tina:

Ja sehr gerne. Ich fand es auch superspannend, weil es einfach mal wieder cool ist zu sehen, wie gleich es doch in jedem Sport ist, auf andere Art und Weise.

 

Nadine:

Nochmals herzlichen Dank. Ich freue mich, wenn auch unsere Hörer und Hörerinnen - oder eben Leser und Leserinnen (wenn ich es transkribiert habe) etwas mitnehmen können. Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute und viele viele Erfolge weiterhin.

 

Tina:

Danke Nadine, das wünsche ich Dir natürlich und auch all deinen Schützlingen auch - von ganzem Herzen!

 

Wir sehen, so unterschiedlich Sportarten auch sein mögen, so sehr ähneln sich doch die Mehrwerte, die man für sich finden kann:

·     Mut, etwas zu tun, was man noch nie getan hat.

·     Selbstbeherrschung, weil man die Gefahren erkennt, die einen zu Fall bringen können. Mangelnde Selbstbeherrschung kommt der Aufgabe der Deckung gleich.

·     Disziplin, weil nicht jeder Tag einfach ist und Entschlossenheit, auch schwere Tage zu meistern, weil man es will.

·     Selbstvertrauen, weil man sich im Fall der Fälle nur selbst vertrauen kann. Der Trainer (m, w, d) begleitet einen bis zum Kampf, den man für sich ausfechten muss. Dabei darf man den Glauben an sich, das Vertrauen in die eigene Person nicht verlieren.

·     Aufrichtigkeit, denn sie ist sichtbarer Ausdruck der eigenen Größe.

·     Die Balance zwischen An- und Entspannung. Wer ständig angespannt ist, der verkrampft, der verlangt zu viel von sich und seinem Körper. Wer immer nur Entspannung sucht, wird niemals die Kraft spüren, die der Körper unter Anspannung aufbringen kann.

·     Jägerin bleiben, weil man nur dann aktiv auf etwas zugeht, statt davor als Gejagte fortzulaufen.

·     Respekt. Respekt vor sich selbst, Respekt vor dem Gegner, Respekt als Grundlage.

 

Fairness und Respekt sind laut Tina Rupprecht die Extreme, die im (Box-)Sport im wahrsten Sinne des Wortes aufeinanderprallen. Obwohl man den Gegner bezwingen will, obwohl man ihn schlägt, bleibt doch die Grundlage des Respekts. Dieser Respekt, den einen der Sport lehren kann, wäre bei so manch anderem Schlagabtausch im realen Leben ebenso wünschenswert. Und wenn der Gegner K.0. geht, dann ist der Kampf beendet und man tritt nicht nach!

 


Mehr Infos zu Tina: www.tina-rupprecht.de

Mehr Infos zu CrazySports Augsburg: www.crazy-sports-augsburg.com

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