Nadine Rebel
Alles falsch! Grammatikalisch und überhaupt. Zur Beruhigung: Es geht nicht um irgendeine Betrachtung der Weltpolitik. Das Thema ist profan und birgt dennoch Zündstoff. Sprachkompetenz und wie man damit umgeht. Warum die Fremdsprachenkompetenz manchmal ihre Grenzen haben muss.
Zusatzkompetenzen
Weiterbildung ist notwendig und wichtig. Sofern es meine Zeit und mein Geldbeutel zulässt, bemühe ich mich darum, meine Kompetenzen zu erweitern oder „nur“ auf dem aktuellen Stand zu halten. Vor vielen Jahren habe ich deswegen angefangen, meine Englischkenntnisse aufzufrischen und zu verbessern, so dass ich im Zweifel alle meine Seminare und meine Sportkurse auch in Englisch geben kann. Das funktioniert ganz gut. Es kommt nicht häufig vor, aber wenn es vorkommt, hält sich der Panikausbruch bei einem plötzlichen Sprachtausch in Grenzen.
Und weil ich diese Kompetenz im realen Leben auch unter Beweis stellen kann, ist zumindest die Webseite unserer Sportstudios auch in Englisch zu lesen. Da es sich hierbei um eine automatische Übersetzung des Systems handelt, gehe ich davon aus, dass diese viele Fehler aufweist.
Da meine Muttersprache allerdings Deutsch ist und ich auch im realen Leben nicht den Anspruch erhebe, fehlerfrei Englisch zu sprechen, passt es so für mich.
Unseren englischsprachigen Kunden (m, w, d) soll damit gezeigt werden, dass man bereit ist, auf sie einzugehen und dass man sich, wenn es notwendig werden sollte, auch in Englisch verständigen kann.
Zudem sollen sich die englischsprachigen Interessenten (m, w, d) etwas leichter zurechtfinden, denn auch hier gelten die gleichen deutschen bürokratischen Regeln bzgl. des Vertragsabschlusses und der Akzeptanz der AGB.
Ein Klick zu viel
Dabei fällt die Zweisprachigkeit der Webseite nicht sofort ins Auge, man muss beide Augen öffnen und nutzen, um sie zu sehen und dann anzuklicken. Das ist für viele bereits eine Hürde.
Selbst dann wäre es nicht tragisch. Würde man die die relevanten Textpassagen per copy and paste in ein externes Übersetzungsprogramm eingeben, erhielte man alle notwendigen Informationen.
Dann muss man als Anbieter die Zweisprachigkeit der Webseite deutlicher hervorheben! Nein.
Warum tun wir das nicht? Weil wir gerne auf unsere Interessenten (m, w, d) eingehen, ihnen aber auch nicht zu viel versprechen können und wollen.
Unsere Kurse werden in Deutsch abgehalten.
Ein Punkt, von dem ich mir im Moment tatsächlich nicht mehr sicher bin, ob ich diesen so frank und frei von mir geben darf, ohne dass man dies bereits als „völkisch“ sehen wird.
Warum so stur?
In den Sportarten, die wir in unserem Studio anbieten, muss jeder Handgriff, jede Bewegung sitzen. Es ist mitunter nicht einfach, dies in der Muttersprache gut und deutlich zu erklären. Es kommt auch hier zu Missverständnissen.
So wie das Warm-Up eine Grundvoraussetzung darstellt, wenn es darum geht, das Verletzungsrisiko zu senken, so ist die Verständigung eine weitere Grundvoraussetzung, die gegeben sein muss.
Versteht eine teilnehmende Person nicht, was sie tun oder lassen sollte, kann das verheerende Folgen haben.
Dann sprich doch doppelzüngig
Auch das habe ich in den letzten Jahren versucht. Im laufenden Kurs ist das allerdings eine wenig praktikable Herangehensweise.
Meine getesteten Vorgehensweisen waren wie folgt:
1)
Ich erkläre alles zweisprachig. Zunächst spreche ich einen Satz in der deutschen Sprache, dann übersetze ich ihn sofort ins Englische. Der Gedankengang dahinter war, dass keine der teilnehmenden Personen lang auf die Erklärung in der „eigenen“ Sprache warten sollte und dass wir so als Gemeinschaft mit der Zeitverzögerung eines Satzes immer auf dem gleichen Stand sind.
Ergebnis: Es funktionierte nicht.
Gründe: Die Person konnte nicht abwarten, bis ich mit der englischen Übersetzung anfing. Stattdessen lief sie aufgeregt im Raum umher und sprach alle übrigen teilnehmenden Personen an: „What did she say? What did she say?“
Auch eine weitere Erklärung meinerseits, dass ich sofort nach dem deutschen Satz den englischen folgen lassen würde, führte zu keiner Besserung.
Fazit:
Die Gruppe war komplett genervt. Die englischsprachige Person hatte immer eine gewisse FOMO-Attitude (Fear of missing out) und wir kamen natürlich nur halb so weit, wie wir kommen wollten, da wir für die Erklärungen doppelt so viel Zeit benötigten.
2) Ich spreche nur noch Englisch. Dies war der zweite Versuch, für alle ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen.
Ergebnis: Es funktionierte nicht.
Gründe: So wie die englischsprachigen Interessenten und Teilnehmer (m, w, d) nicht gut oder gar kein Deutsch verstehen, so geht es teilweise eben auch den deutschsprechenden TN (m, w, d). Verständnis zur Unfallprophylaxe ist aber bei allen anwesenden Personen notwendig.
Fazit: Nicht praktikabel
3) Ein Dolmetscher ist anwesend. Dies war der dritte Versuch, für alle ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen.
Ergebnis:
Es funktionierte nicht.
Gründe:
Die Gruppe muss warten, bis der Dolmetscher übersetzt hat. Nicht jeder Dolmetscher kennt sich mit den Fachbegriffen des sportlichen Trainings aus. Die Probleme waren demnach identisch mit Versuch 1. Hinzu kam noch die Unsicherheit meinerseits, da ich mich nicht darauf verlassen konnte, dass der Dolmetscher richtig übersetzt hatte.
Fazit: Nicht praktikabel
Lösung
Wenn eine Person absolut kein Deutsch versteht, biete ich dieser Person Privatstunden an, die ich dann in Englisch halte. Diese Private Classes kosten dabei nicht mehr, als wenn eine deutschsprachige Person ein Personal Training buchen würde.
Das hielt ich bis dato für eine faire Lösung.
Doch so weit kommt es oft gar nicht.
Speak English
Oftmals werden wir telefonisch kontaktiert. „Speak English?“ stellt dann die Konversationseröffnung da.
Ich gebe offen zu, dass ich hier je nach Tonfall und persönlicher Tagesform reagiere. Manchmal bleibe ich stur beim Deutschen, da ich der Meinung bin, dass man zumindest die Eröffnung eines Telefonats durchaus verstehen können sollte und dass man die Bitte, die weiterführende Kommunikation in Englisch zu führen, ebenfalls höflich ausdrücken kann.
Nicht selten bleibt es allerdings bei den auf der anderen Seite ebenfalls stur wiederholten zwei Worten.
Dann eben nicht.
Ist das diskriminierend? Ist das unfreundlich?
Ich meine nein. Warum? Wenn die Person noch nicht einmal versteht, dass sie nun bei Nadine Rebel, CrazySports Augsburg angerufen hat, wo sie offensichtlich auch hinwollte, dann wird es auch für das Verstehen der Anleitungen in den Sportkursen schwierig.
Kontaktformular
Manchmal weiß ich dann ins Blaue hinein daraufhin, dass alle Informationen auch auf unserer Webseite zu finden sind und dass man oben in der Menüleiste eine Funktion nutzen kann, die die Seite in Englisch anzeigt. Wenn ich einen guten Tag habe, erkläre ich das alles in Englisch.
Und dann passiert auch manchmal das schier Unglaubliche. Die Personen schreiben über das Kontaktformular der Webseite.
Nein, sie nutzen nicht die Übersetzungsfunktion und sie nutzen auch nicht das Anmeldeformular.
Man ahnt bereits, was im Kontaktformular steht: Call back. Speak English?
Mit dem Latein am Ende
Mit dem Latein war ich wahrlich schon vor vielen Jahren am Ende, auch wenn ich mich durch das große Latinum gequält habe.
Hier weiß ich auch nicht mehr, wie ich (politisch) korrekt reagieren soll.
Bleibe ich stur beim Deutsch, wurde mir dies schon als rassistisch ausgelegt. Komme ich den Personen dahingehend entgegen, dass ich ihnen erkläre, warum Verständnis und Verstehen in diesen Sportarten sehr wichtig ist, fühlen sich manche, weil ich sie damit aus den Kursen ausschließe, ebenfalls diskriminiert.
Wir kommen gut zurecht, wenn jeder ein bisschen auf den anderen zugeht. Wenn ich merke, dass die Person sich bemüht, ihren Platz in der Gruppe zu finden und nur manchmal spezifische Anleitungen nicht versteht, so übersetze ich diese natürlich. Das ist selbstverständlich.
Doch wenn kein einziges Wort verstanden wird, dann wäre es von meiner Seite fahrlässig, die Person in eine Gruppe zu integrieren, in der sie nicht versteht, was sie tun muss, um Verletzungen zu vermeiden.
Doch auch hier, werde ich mir dann wohl die Etikettierungsschuhe anziehen müssen.
Ich weiß, dass ich niemanden ausschließe, nur, weil er die Sprache nicht spricht. Ich weiß aber auch, dass ein Grundverständnis (nicht nur in sprachlicher Hinsicht) auf beiden Seiten erforderlich ist.