Nadine Rebel
Ich liebe es, Pole Dance zu unterrichten. Für mich ist dieser Sport einzigartig. Er gibt mir viel und dies gebe ich gerne weiter. Dass diese Art des Tanzens und der Akrobatik (immer noch) nicht als Sport gesehen wird, ist mir klar. Dass die Ausübung dieser Sportart aber so weitreichende Konsequenzen hat, macht mich sprachlos.
Werdegang
Das Studium der Soziologie, Psychologie und Pädagogik habe ich 1999 abgeschlossen. Meine Tochter war gerade einmal 9 Monate alt. Die Prüfungsvorbereitungen, die Abschlussarbeit und letztlich die Prüfungen waren unter diesen Umständen nicht einfach. Im Februar 2000 begann ich, Jugendlich aus schwierigen Familienverhältnissen zu unterrichten, machte mich selbständig, spezialisierte mich später auf den Erwachsenenbereich.
Ich hatte internationale Auftraggeber, war für verschiedene Universitäten ebenso tätig wie für Bildungsträger und eine nicht selten angefragte Vortragsrednerin.
Sport ist noch okay
Der Sport gehörte seit 2001 untrennbar zu meinem beruflichen Gesamtbild. Auch hier durchlief ich einige Ausbildungen und gab Kurse in Fitnessstudios. Die Klassiker: BBP, Body Pump, Stretching, Indoor Cycling.
Und dann kam Pole Dance
2011 entdeckte ich meine Leidenschaft für eine neue Sportart. Pole Dance. Akrobatik, Kraft, Körperbeherrschung, Grenzen überwinden, tanzen. Auch hier bildete ich mich weiter, eröffnete ein eigenes Studio, schrieb die Bücher „Poledance Passion“ und „Aerial Passion Trainerguide“. Zu Beginn war es schon im Sportbereich nicht einfach, den sportinteressierten Personen aufzuzeigen, dass in einem Studio Pole Dance UND Yoga UND Pilates UND vieles mehr angeboten werden kann, bzw. dass ein Sportstudio, in welchem Pole Dance unterrichtet wird, kein „Stripschuppen“ ist.
Dieses Bemühen wurde in den vergangenen Jahren leichter, muss aber immer noch kontinuierlich verfolgt werden.
Parallele Entwicklungen
Zu Beginn gab es sie noch, die Auftraggeber aus dem Bildungsbereich, die schon vorher da waren, die immer hochzufrieden waren. Bis, ja, bis man immer mehr über mich in Bezug auf Pole Dance fand.
Schwankungen im Auftragswesen sind in der Selbständigkeit normal. So machte ich mir zunächst nicht allzu viele Gedanken.
Dann kam Corona
Und der Schulungsbereich brach zusammen. Pandemiebedingt. Jetzt hieß es „überleben“.
Sportstudios geschlossen, Seminare untersagt. Keine Möglichkeit, dem Beruf so nachzugehen, wie man es sich eigentlich dachte, wie man es gewohnt war.
Onlineumstellung an allen Fronten
Neue Normalität
Als man zur (neuen) Normalität zurückkehrte, blieben die Auftraggeber aus.
Nicht meine Bemühungen, dort anzuknüpfen, wo man aufgehört hatte.
Lag es nun an meinen kritischen Fragen, die ich während der C-Zeit offen stellte? Liegt es an Pole Dance? Ich kann es nicht sagen.
Neues wagen
Wenn das Alte nicht mehr lebt, muss man Neues beleben. Lehrermangel gäbe es. Quereinsteiger würden allerorts benötigt. Pädagogik habe ich studiert, unterrichten gehört seit je her zu meinen Tätigkeiten. Wenn ich auf meine Bewerbungen eine Antwort bekommen habe (in einem von 20 Fällen), dann hieß es, man hätte sich informiert und meine Arbeitseinstellung würde nicht zur ihrer pädagogischen Philosophie passen.
Dann vielleicht Integrationshilfe für neue Mitbürger und Mitbürgerinnen. Das gleiche Procedere.
Oder betriebliches Gesundheitsmanagement? Immerhin habe ich auch eine Ausbildung als medizinische Fitnesstrainerin. Nein!
Unbelegte Diskriminierung
Und so muss ich innerlich verbittert lächeln, wenn ich mitbekomme, wie manche Menschen sich gegen gefühlte Diskriminierung (falsches Pronomen) erfolgreich mit dem Zugeständnis von Schmerzensgeldern zur Wehr setzen, während mir seit 5 Jahren durch das Feedback der Gesellschaft mitgeteilt wird, dass eine Person, die die akrobatische Sportart Pole Dance unterrichtet, in keinem Falle kompetent sein kann, auch wenn sie es vorher war.
P.S.: Für Putzstellen habe ich mich noch nicht beworben. Vielleicht, weil ich Angst habe, dass man auch hier vorher nach Nadine Rebel im Netz sucht und dann von mir verlangt, als Nacktputze zu kommen?