Rebel-Management-Training denkt nach!

Nadine Rebel

Das Ergebnis ist Verzweiflung

Statue, Gesicht in den Händen verborgen, verzweifelt

Wer verzweifelt, greift in Anbetracht der sich anbahnenden vollkommenen Hoffnungslosigkeit nach jedem Strohhalm. Tief im Inneren weiß auch der Verzweifelte, dass der Strohhalm keine Rettung ist. Doch den Strohhalm zu greifen, scheint immer noch besser, als gar keinen Halt mehr zu finden.

 

Was ist Verzweiflung?

Im Wort „Verzweiflung“ steckt das Wort „Zweifel“. Zweifel entstehen, wenn Vertrauen verloren geht. Dann beginnt man, Fragen zu stellen. Fragen, auf die man keine oder nur halbseidene Antworten bekommt. So wird der Grundstock des Zweifelns gelegt.

 

Ausgeschlossen von der Kommunikation, wenig bis gar nicht gewertschätzt, geht Vertrauen Stück für Stück verloren. Zweifel und Misstrauen wachsen auf dem nun ausgezehrten Boden ehemaligen Vertrauens.

Unbeantwortete Fragen machen argwöhnisch, wenn etwas nicht überzeugend scheint, setzt Skepsis ein.

 

Zweifel können das Ergebnis mangelnder Authentizität, gebrochener Versprechen und mangelnder Verantwortungslosigkeit sein.

 

Etymologisch bedeutet Verzweiflung, die Hoffnung auf Besserung zu verlieren.

In der oeconomischen Encyclopädie von 1854 wird Verzweiflung als Zustand des menschlichen Gemüts beschrieben, der von vollkommender Hoffnungslosigkeit geprägt ist.

 

Verzweiflung paart sich mit Angst und Schmerz, die Kombination steigert sich ins schiere Unerträgliche. Im Ergebnis wird man von Verwirrung, Ratlosigkeit und Schmerzwellen gefangen gehalten. Jetzt greift man nach dem oben beschriebenen Strohhalm als Möglichkeit der augenblicklichen Rettung. Der Griff danach birgt das Gefühl, aktiv zu sein, die Möglichkeit zu haben, in irgendeiner Weise gegensteuern zu können. Tief im Inneren spürt man die Wahrscheinlichkeit, dass der beherzte Griff nach dem Strohhalm einen nicht aus dem Sumpf der Verzweiflung ziehen kann und ahnt, dass man unter Umständen den letzten Rest der noch vorhandenen Kraft sinnlos verschwendet. Man ignoriert die innere Stimme, die einem sagt, dass diese Aktion die Sachlage eher verschlimmern als verbessern wird.
 
Hier und jetzt, genau in diesem Augenblick möchte man aktiv gegensteuern. Der Griff nach dem Strohhalm ist das Einzige, was gerade möglich zu sein scheint. Schnell soll es gehen. Man muss sich aus dem Gefängnis der Sorgen, Ängste, Nöte, Zweifel, der Hoffnungslosigkeit befreien.

 

Verzweiflung raubt die Klarheit der Sinne und weicht die Grenzen zwischen Recht und Unrecht auf. Sie lässt einen wahnsinnig werden.

 

Die Suche nach Auswegen und Alternativen

Ein verzweifelter Mensch ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Rastlosigkeit, Ohnmacht, erdrückende Last und ein letzter Rest Kraft sind alles, was man noch hat. Damit wird der Funken der Wut entzündet.

 

Nur sehr verzweifelte Menschen greifen in Ermangelung von Alternativen nach Strohhalmen.

 

Einen verzweifelten Menschen auf die geringe Haltekraft des Strohhalms hinzuweisen, oder den Strohhalm als böse zu identifizieren, ist sinnlos. Es bringt verzweifelten Menschen keine Ruhe. Die Argumentation mag richtig sein, aber sie erreicht den Verzweifelten nicht.

 

Er will nicht hören, dass auch der letzte Ausweg, den er gar nicht nehmen will, keiner ist.

Was er benötigt, ist die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen, durchzuatmen, sich aufzurichten und das Gefühl, aus eigener Kraft wieder vorwärtszukommen.

 

Auch ein Verbot von Strohhalmen trägt nicht zur Einsicht des Verzweifelten bei. Er braucht ein festes Halteseil als Alternative zum Strohhalm. Ein Halteseil, welches nicht entzogen wird, sobald der Verzweifelte danach greifen will.

 

Genese der Verzweiflung

Man ist nicht heute voller Vertrauen und morgen absolut verzweifelt. Zweifel wachsen, bis sie zur Verzweiflung werden. Jedes gebrochene Versprechen, jeder erneute Stein im Weg, jede äußere Verhöhnung der Lebenssituation, jede Tür, die gestern noch offen war und heute lachend zugeschlagen wird, ist ein Baustein, aus dem das Bollwerk der Verzweiflung erwächst.

 

Verzweifelt ein einzelner Mensch, so kann das zum Teil in seinem Naturell, in seinem eigenen Charakter begründet sein.

Verzweifeln viele Menschen, muss man sich ansehen, wo die Gründe liegen könnten.

 

Erst wenn ein Mensch zu der Ansicht kommt, dass ihm keinerlei Alternativen mehr zur Verfügung stehen, dass sein Handlungsspielraum immer kleiner wird, bis er mit dem Rücken zur Wand steht, dass er ohnmächtig und verlassen ist, wird er Strohhalme als Alternative in Erwägung ziehen.

 

Bestätigung

Ein verzweifelter Mensch glaubt nicht mehr. Er glaubt nicht mehr an sich, er glaubt nicht, dass die Methoden, die er bisher angewandt hat, zur Besserung beitragen können. Er fühlt sich allein.

Es ist nur noch ein einziges Streichholz übrig und die Kraft, es anzuzünden schwindet von Minute zu Minute.

 

Und dann taucht jemand auf, der sich zu dem Verzweifelten auf den Boden setzt, der zuhört, der Empathie zeigt, der den verzweifelten in den Arm nimmt. Gleichzeitig hält er ein Feuerzeug in der Hand und bietet dem Verzweifelten an, sein Streichholz daran zu entzünden.

 

Wer würde nicht einschlagen?

Rasche Hilfe. Letzte Möglichkeit. In einer solchen Lage kann man keine nüchterne Analyse der angebotenen Hilfe erwarten.

 

Das Feuerzeug als Licht am Ende des Tunnels, das entzündete Streichholz als erste neue Wärmequelle. Licht und Wärme in der kalten und dunklen Einsamkeit. Verständnis in einer Zeit, in der man sich allein und unverstanden fühlt.

 

Und der Verzweifelte hört zu, greift die Hand des Unbekannten, und geht mit ihm.

 

Besserwisser

In diesen Momenten will eine verzweifelte Person nicht auf die Stimmen von außen hören. Sie kann es nicht.

 

Stimmen, die ihr sagen, dass die Person, die Licht brachte und sich der Sorgen annimmt, nicht gut wäre. Stimmen, die mahnen, man dürfe nicht mit der Person mitgehen. Stimmen, die drohen, einen zu verurteilen, wenn man das macht.

 

Es ist verständlich, wenn der Verzweifelte trotzig reagiert. Wo waren die mahnenden Stimmen vorher? Welche Lösungen wurden geboten, die besser wären als die, der er nun ergreifen will? Wer fragt nach dem Grund der Verzweiflung?

 

Wenn die mahnende Seite keine Lösungen bietet, die angebotene Lösung verurteilt, weil sie keine wäre, macht sich Wut breit.

 

Hoffnung geben, Veränderungen zeigen

Nur eine echte Auseinandersetzung mit der Situation kann vor falschen Entscheidungen bewahren. Grundvoraussetzung ist, dass man verzweifelten Menschen zuhört, sie nicht verurteilt. Selbst dann, wenn sie schon ein gutes Stück mit dem Rattenfänger gegangen sind.

 

Menschen sind keine Ratten, nur weil sie Rattenfängern folgen.

Echte Lösungen müssen rasche Veränderungen nach sich ziehen. Dazu muss man zu dem stehen, was man offeriert, Wort halten, die Situation der Verzweifelten verbessern. Nicht morgen. Heute.

 

Dann hat man eine Chance, Personen auf den Weg zu bringen, der nicht ins Unglück führt. Anders wird man den Verzweifelten nicht aus seinem Loch holen.

Da er aber dort unbedingt herauskommen will, wird er lieber mit dem Rattenfänger mitgehen, als im Loch der Dunkelheit zu ersticken.

 

Die Gruppe der Verzweifelten

Verzweifelt immer mehr Menschen, kann der Rattenfänger eine immer größer werdende Gruppe von nahezu zerstörten Existenzen um sich scharen. Ist er geschickt, nutzt er deren

Mut der Verzweiflung.

 

Die Verzweifelten ihrerseits erkennen, dass sie doch nicht so allein sind, dass es viele gibt, die durch Sorgen, Ängste und Nöte in ein tiefes Loch gezogen worden sind. Sie fühlen sich bestätigt und doch nicht so „falsch“.

 

Die Anwendung sinnloser Methoden und unbrauchbare Alternativen ist unter diesen Umständen nachvollziehbar. Nachvollziehbar im Sinne von „empathisch verständlich“. Nicht nachvollziehbar im Sinne von „gut“.

 

Wer allerdings die Verzweifelten anprangert, sie (weiter) verhöhnt, sie als dumm bezeichnet und mit Sanktionen droht, wird sie nicht vom falschen Weg abbringen. Wer ihnen sagt, sie wären unwichtig und die „anderen“ eine größere Gruppe, die damit automatisch Recht hätte, tut nichts zur Veränderung ihrer Lage.

Dieses Verhalten verstärkt nur die Hoffnungslosigkeit, die Alternativlosigkeit, das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

 

Versprechen halten

Man könnte also damit anfangen, den Verzweifelten einen Raum zu geben und ihnen zuzuhören. Ihre Sorgen und Ängste ernst zu nehmen. Ihnen Zeit zu geben. Die Zeit nicht zur Bekämpfung der Verzweifelten zu verwenden, sondern zu ihrer Rettung. Ihnen eine rasche und echte Lösung zu offerieren, selbst wenn die Lösung nur eine Schachtel Streichhölzer ist. Fürs Erste.

 

Etwas versprechen und die Versprechen halten.

Das wäre auch ein Anfang.

 

Nur dann, wenn die Verzweifelten sehen, dass es doch auch „anders“ geht, werden sie nicht mehr den Rattenfängern hinterherlaufen.

Rebel-Management-Training BLOG

Gedanken zu Integration und Inklusion
von Nadine Sidonie Rebel 29. Juli 2024
„Nicht große Worte bestimmen das Leben, sondern kleine Taten.“ - Freigericht, Ansgar Simon. Inklusion auf dem Papier ist eine gute Sache. Inklusion im Alltag zeigt ein anderes Bild. Oftmals hat diese kein Gesicht und ihre Notwendigkeit wird nicht wahrgenommen. Eine subjektive Betrachtung und eine ebenso subjektive Meinung.
Bild Miss Marple mit Miss-Krone
von Nadine Sidonie Rebel 29. Februar 2024
Herzlichen Glückwunsch an die frisch gewählte Miss Germany und ein aufrichtiges herzliches Beileid gleichermaßen. Die Dame wurde im Rahmen der Veranstaltung zur schönsten Frau Deutschlands gewählt. Und jetzt wird sie mit Hass und Hetze überzogen. Man muss den Mut haben, sich von einer Jury in Bezug auf die Schönheit bewerten zu lassen. Jetzt muss man auch noch den Mut haben, sich aufgrund des Ergebnisses beschimpfen zu lassen.
Zwei Figuren, die Puzzlestücke aneinanderhalten
von Nadine Sidonie Rebel 9. Februar 2024
Die Menschen kommen zusammen, um Zeichen zu setzen. Sie positionieren sich für Menschenwürde, Gerechtigkeit, Fairness, Grundrechte und Demokratie. Das ist wunderbar. Sie mahnen an, niemanden unwürdig zu behandeln. Sie wollen, dass Menschen respektiert werden. Sie sind gegen Diffamierung und Ausgrenzung. Sie denken nach. Jetzt muss nur noch der Transfer funktionieren.
Mensch im Hasenkostüm
von Nadine Sidonie Rebel 12. Januar 2024
Der Student Viktor Hase kam 1854 vor Gericht. Statt seine Kommilitonen zu verpfeifen, antwortete er nur: „Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen. Ich weiß von nichts.“ Grundsätzlich ein ehrenwerter Zug, wenn man sich der Denunziation verweigert. Immerhin war er als Nicht-Denunziant nicht der größte Lump im Land. Heute wird der Ausspruch verwendet, wenn man sich an nichts erinnern will. „Scholzen“ ist noch nicht in aller Munde. Die Krönung des Nicht-Wissen-Wollens ist allerdings die Verleugnung. Sie dient dem Schutz der eigenen Psyche. Angesichts des Umstands, dass diese mehr und mehr zunimmt, muss man sich fragen, wovor sich die Leugner schützen wollen.
von Nadine Sidonie Rebel 5. Januar 2024
Hilft Wissen immer, mit den Situationen besser klarzukommen? Ist es sinnvoll, allen Gegebenheiten, allen Besonderheiten und allen Dingen einen Namen und ein Etikett zu verleihen? Hintergrundwissen hilft, mehr Verständnis zu entwickeln. Aber kann es nicht unter Umständen sogar umgekehrt verlaufen? Erst das Wissen, erst die Diagnose und das Etikett, erst der Name, den man den Dingen verleiht, definiert diese als pathologisch, als krank. Und was krank ist, muss geheilt werden? Muss es das?
kaputter Puppenkopf
von Nadine Sidonie Rebel 8. Dezember 2023
…. . . die keiner mehr mag, fühl ich mich an manchem Tag.“ (Nicole, Ein bisschen Frieden, 1982). So geht es sicherlich vielen Menschen. Der Umgang untereinander, aber auch, was man in den letzten Jahren an Erfahrungen mitnehmen konnte, macht vieles aus. Es ist sinnlos darüber zu schreiben, denn es ändert nichts. Unbeantwortete Briefe, gebrochene Versprechen.
Kircherelief, Engel und Teufel
von Nadine Sidonie Rebel 24. November 2023
Über diese Beschreibung bin ich gestolpert, als ich einem siebenminütigen Ausschnitt eines Interviews lauschte. Harald Schmidt unterhielt sich mit Torsten Sträter. Über beide Protagonisten kann man geteilter Meinung sein. Getriggert hat mich die etwas neuartige Definition von Narzissmus, unter anderem auch, weil ich Narzissmus nie als positiv gesehen habe. Die Aussage stammt von der französischen Psychoanalytikerin Julia Kristeva und wurde mehrfach aufgegriffen und verwendet.
Get me out of here! - Rote Taste auf Tastatur
von Nadine Sidonie Rebel 17. November 2023
Es wäre schön, wenn man die C-Zeiten und all die Sorgen, Ängste und Nöte hinter sich lassen könnte. Doch die gebeutelten kleinen und mittelständischen Unternehmen haben immer noch schwer mit den Nachwirkungen zu kämpfen. Leider entpuppen sich auch gefällige Gnadenerlasse teilweise als eine Art Mogelpackung.
von Nadine Sidonie Rebel 11. November 2023
Wie wäre es, wenn man als Inhaber/Dienstleister/ Trainer Rezensionen über besondere potentielle Neu-Kunden schreiben könnte? Es gibt Personen (manchmal von Mitbewerbern geschickt, Google Recherche macht es möglich, das herauszufinden), die nehmen sich von Anfang an vor, eine schlechte Rezension zu verfassen.
Nebel, Trauerweide, Dunkelheit
von Nadine Sidonie Rebel 10. November 2023
„An guten Tagen“ ist ein bekannter Song von Johannes Oerding. Ich mag ihn. Doch gibt es auch die anderen, die schlechten Tage. Die Tage an denen im Grunde nichts anders ist als gestern und alles dennoch anders aussieht. Grau, trostlos, antriebslos. Passend zum November. An solchen Tagen muss man aufpassen, dass man sich nicht in Melancholie einwickelt. Sonst drohen die Stränge der Sorgen und düsteren Gedanken einem wie Mumienbinden die Bewegung gänzlich zu verbieten. Dann geht man wie Artax im Sumpf unter.
Weitere Beiträge
Share by: