Nadine Rebel
Es war einmal in Schleswig-Holstein. Ein Ehepaar hatte vor einigen Jahren ein neues Zuhause in einem alten Hof gefunden. Es lebte sich gut darin, zwar nicht im Luxus, aber gut. Dann kam das Haus in die Jahre und die Grünen hatten das Sagen. Weil beides zusammentraf, entschloss sich das Ehepaar, mitzuziehen und alles Erdenkliche zu tun, um möglichst gute Menschen zu sein und ihren Beitrag für die Umwelt zu leisten. Das war nicht leicht, denn obwohl es viel regnete, regnete es noch kein Geld.
Ein Haus mit Geschichte
Haus wird dem kleinen Gutshof nicht gerecht. Einst war es der stolze Besitz der landwirtschaftlich tätigen Vorbesitzer. Es gab das Wohnhaus, die Stallungen, einen alten Hühnerstall und ein Stückchen Land. Der ideale Ort, um dort in Ruhe mit ein paar Ponys zu leben und die Natur zu genießen.
Funktionalität beschrieb einst die Gebäude. Funktionalität war auch das, was dem Ehepaar als den neuen Besitzern genügte. Im Wohnhaus wurde es warm, die übrigen Gebäude boten Platz für die Tiere, die dort leben durften. Ein Haus, in dem man alt werden konnte und wollte.
Gemeinsam hatte man sich diesen Traum erfüllt, als vor einigen Jahren die Frau ihren neuen Mann, der Mann seine neue Frau gefunden hatte und beide gemeinsam noch einmal ein neues Leben beginnen wollten.
Dabei war klar, dass das Haus Aufmerksamkeit und Liebe brauchen würde. Als man es 2012 erwarb, ging man eine Beziehung mit diesem Haus ein. Es gab eine Ofenheizung, einen Kachelofen im Wohnzimmer, der liebevoll als „alter Herr“ bezeichnet wurde und eine Küchenhexe, damit war der Holzherd gemeint.
Das Bad, die Schlafzimmer, die Küche und die übrigen Zimmer waren unbeheizt oder konnten elektrisch beheizt werden. Einen zentralen Warmwasseranschluss gab es nicht, aber wenigstens 2 Boiler.
Die Geschichte der Eheleute
Bevor sich die Eheleute gefunden hatten, hatten beide schon ein Leben gelebt. Das Leben vor der gemeinsamen Ehe. Und so brachte jeder seine Geschichte in die neue Ehe ein. Die Kinder aus der ersten Ehe der Frau und des Mannes, aber auch die Beziehungen zu den Ex-Partnern.
Da die beiden umgängliche Leute waren, wollten sie stets für alle nur das Beste.
Und so kam es, dass es dem Ex-Mann der Frau nicht mehr gut ging. Er wurde alt und vergesslich und würde in Kürze noch mehr Pflege benötigen. Da entschloss sich das Ehepaar, den Ex-Mann bei sich auf dem Hof aufzunehmen.
Da auch der neue Mann sehr großherzig war, erklärte er sich nicht nur damit einverstanden, sondern überlegte gemeinsam mit seiner Frau, wie man den Hof derart umgestalten könne, dass alle ihren Rückzugsort hätten und gleichzeitig, wann immer es nötig werden würde, füreinander da sein könnten.
Neue Funktionalität
Der Ex-Mann sollte sein eigenes Reich bekommen. Ein kleines Refugium auf dem Hof, ausgestattet für eine pflegebedürftige Person.
Gleichzeitig machte sich das Ehepaar Gedanken, wie man nicht nur für den Ex-Mann in Zukunft da sein könnte, sondern was im Zuge der anstehenden Renovierungs- und Sanierungsarbeiten am Haus zu tun wäre, um dem Umweltgedanken ein wenig mehr Rechnung zu tragen.
Die Heizung war alt. In der guten Stube fungierte der alte Herr, die übrigen Heizmöglichkeiten waren mehr als in die Jahre gekommen. 2013 hatte man mit 3 Gaszentralheizkörpern nachgerüstet. Und da auch hier etwas getan werden musste, überlegte man sich, wie man etwas unabhängiger werden könnte und gleichzeitig dem Wunsch der Grünen, die nun an der Macht waren, entsprechen könnte.
Die Grünen mochten keine alten Heizungen, weil diese schlecht für die Umwelt waren.
Die Pläne
Dass die Umbauarbeiten nicht aus der Portokasse zu bezahlen sein würden, war den Eheleuten bewusst, dennoch war man schockiert über die Summen, die sie zu verschlingen drohten. Woher sollte man denn das Geld nehmen? Die Ehepartner waren in den besten Jahren, aber eben doch viel näher an der Rente als am zarten Alter von 25. Und da sie es ohne Wenn und Aber gut machen wollten, entschloss sich der neue Ehemann, sein Erbteil komplett in die Renovierungsarbeiten zu stecken. Für später wäre dann erst einmal nichts mehr da, aber das Haus wäre ein Heim für alle, umwelt- und pflegegerecht.
Den großen Plänen, deren gründliche Prüfung Zeit benötigte, stand die fast schon galoppierende Inflation im Wege. Was gestern noch mit Schwierigkeiten und mehrfachen Umdrehen aller Cents möglich schien, war heute schon zu teuer. Die vielen angepriesenen Möglichkeiten waren unmöglich. Photovoltaik passte nicht zu dem alten Haus, aber unter Umständen eine Solarthermie.
Den Eheleuten war klar. Sie mussten alles auf eine Karte setzen und dabei so umsichtig wie möglich vorgehen. Ebenso war ihnen bewusst, dass sie über die vielen Dinge, die es zu entscheiden galt, nicht wirklich Bescheid wussten.
Guter Rat war teuer
Was taten die Eheleute? Sie ließen sich von einem Fachmann beraten, einem, der sich damit auskennen musste, schließlich nannte er sich Energieberater. Ob es vielleicht sogar ein Freund von Robert war? Der Energieberater nahm sich Zeit und machte sich mit dem alten Haus vertraut. Das alte Haus benötigte Maßnahmen, die ihm gerecht werden würden. Das musste bedacht werden, wenn man nicht Verschlimmbesserungsmaßnahmen ergreifen wollte.
Die Beratung machte Mut. Nicht zuletzt, weil es eine Lösung zu geben schien. Eine Solarthermie könnte sich mit dem alten Haus vertragen und man könne eine Förderung bekommen.
Das freute die Eheleute, die bereit waren, alles, was sie hatten auf die Karte „unser umweltgerechtes Haus“ zu setzen.
Die Inflation war indessen fein raus, denn sie musste niemand fragen, ob sie steigen oder wachsen dürfe. Sie tat es einfach.
Das Spiel auf Zeit begann. Die alte Hexe (der Ofen in der Küche) sollte durch eine neue Hexe (wasserführend) ersetzt werden. Das durften die Eheleute selbst in Angriff nehmen, denn dafür gab es sowieso keine Unterstützung, die sie hätten durch zu viel und zu frühe Eigeninitiative gefährden können.
Die neue Hexe verlangte allerdings nach einem treuen Begleiter, einem neuen Schornstein. Aber um die Dame mit den Zauberkräften nicht gleich zu verstimmen, nahm man auch die Schornsteinsanierung in Angriff. Vielleicht würde der Weihnachtsmann den neuen Schornstein auch lieben?
Die Begleiter der Inflation
Der Plan schien zu stehen. Es würde nicht einfach umzusetzen sein, aber am Ende hätte man das Beste für alle erreicht. Die Familie wäre zusammen, die Umwelt würde geschont und die Grünen hätten einen zum Umdenken bewogen.
Durch die U-Krise kamen nun aber Lieferengpässe dazu, die der Inflation noch den Hut aufsetzten. Der Heizungsfachmann, den die Eheleute zwischenzeitlich zusätzlich zu Rate gezogen hatten, riet, mindestens das Material zu bestellen, man könne nie wissen, ob morgen noch etwas zu bekommen wäre.
Gesagt. Getan.
Ob das die in Aussicht gestellte eventuell zu bekommende Förderung gefährden könne? I-wo, meinte der Heizungsfachmann. Man würde nur Material bestellen, man hätte ja nicht mit dem Umbau begonnen.
Alle ziehen an einem Strang
Und tatsächlich schien sich das vielteilige Puzzle zum Wohlgefallen aller zusammensetzen zu lassen. Der Energieberater besuchte die Eheleute im frühen Sommer noch einmal. Gemeinsam besprach man bei einer weiteren Tasse Kaffee alles noch Nötige für den zu stellenden Antrag auf Förderung. Im Juni, genau am 18.06. wurde der Antrag dann endlich gestellt. Die Antwort ließ auf sich warten, die Eheleute warteten ihrerseits ganz brav. Am 30. August erhielten sie dann die positive Nachricht. Ihre Umbauarbeiten, für die sie alles einzusetzen bereit waren, waren förderfähig.
Zwar konnte man noch nicht genau sagen, wie hoch die Fördersumme sein würde, aber es könnten bis zu 12000 Euro sein.
Abgesegnet
So waren die Arbeiten im ersten Monat des nächsten Jahres fast abgeschlossen. Die Eheleute hatten viel Zeit und ihr gesamtes zur Verfügung stehendes Geld in ihr Haus mit dem alten Herrn, dem sanierten Schornstein und der neuen Hexe gesteckt.
Und es wurde Frühling. Da fiel dem Heizungsfachmann ein, dass er den Antrag auf Förderung noch gar nicht eingereicht hatte. Wie gut, dass die Eheleute nachgefragt hatten. Der Energieberater wollte seinerseits nur noch die Kontonummer wissen, auf die die Fördersumme überwiesen werden sollte.
Der große Fehler
Als die Eheleute dann im späten Frühjahr 2023 den Bescheid erhielten, fühlten sie sich wie in einem Märchen ohne Happy End. Obwohl die Zusage auf Förderung erteilt worden war, wurde diese zurückgezogen.
Was war passiert? Die Eheleute hatten, damit das Geld für die geplanten großen Umbauarbeiten auch reichen würde, Ware bestellt, die sie für den Umbau benötigen werden würden. Dafür gab es eine Rechnung. Diese Rechnung wurde am 17.05.2022 gestellt. Der Antrag auf Förderung der Umbauarbeiten wurde gemeinsam mit dem Energieberater aber ca. einen Monat später erst gestellt.
Wäre die Rechnung einen Tag nach Einreichung des Antrags gestellt worden, gäbe es keinen großen Fehler, der die Eheleute sehr teuer zu stehen kommt.
Das hatten die Eheleute nicht bedacht und nicht gewusst. Auch die Erstellung einer Rechnung mit einem Datum, welches vor dem Antragsdatum liegt, galt in den Augen der Behörden als Beginn der Arbeiten. Da aber mit den Arbeiten nicht begonnen werden darf, bevor Papa Staat sein Einverständnis gegeben hat, haben sich die kleinen Eheleute böse verhalten.
Vielleicht würden die Eheleute es als Eigeninitiative darstellen, aber die Behörden sahen in diesem Verhalten einen intriganten Versuch den guten Vater (Staat) betrügen zu wollen.
Man teilte den Eheleuten mit, dass ihr Verhalten unter Umständen den Tatbestand des Subventionsbetrugs erfüllen würde.
Der Energieberater versuchte, die Wogen zu glätten. Ja, er habe im Antrag selbst die Materiallieferung erwähnt, da den Eheleuten durch die Inflation und die Lieferengpässe sonst keinerlei Möglichkeit geblieben wäre. Man hätte aber brav auf die Erlaubnis von Papa Staat gewartet.
Nichts da! Da könnte jeder kommen und man weiß ja, wie schuldbewusste Kinder sich herauszureden versuchen.
Dass den Eheleuten nicht bewusst war, dass auch eine Materialbestellung und die Begleichung der dazugehörenden Rechnung als Arbeitsbeginn gesehen werden würde, sei das Pech der Eheleute, nicht der Förderrichtlinien.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht?
Das Erbe der Eheleute wurde in das Haus und die umweltgerechte Sanierung investiert. Die Ehefrau hatte alles, was sie noch gespart hatte, investiert. Der Ehemann hatte sein Altenteil für den Ausbau und die Sanierung des Hauses verwendet.
Man wollte mit viel Engagement das Beste für alle erreichen und die Umwelt dabei nicht vergessen.
Leider wird zu viel Engagement bestraft.
Nun ist das Geld verbraucht, der Vorwurf des (versuchten) Subventionsbetruges steht im Raum und keiner möchte dafür Verantwortung übernehmen.
Die Eheleute nicht, weil sie sich keiner Schuld bewusst sind. Der Energieberater nicht, weil er die bereits bezahlte Materiallieferung ja in den Antrag aufgenommen hatte, der dann positiv beschieden wurde. Der Heizungsfachmann nicht, denn er hat immerhin eine neue Heizung verkauft.
Und was sagt die Behörde, warum sie zunächst den Antrag positiv beschieden hat und nun zurückzieht? Ein Formfehler.
Robert vielleicht?
Ob man Robert oder seine Freunde mal fragen kann, was man hier tun kann, damit es nicht im Fiasko endet?
Vielleicht kennt Robert oder einer seiner Freunde oder Freundinnen ja den Spruch „Gnade vor Recht ergehen lassen“.
Doch selbst das macht die Eheleute traurig, da sie nicht der Meinung sind, um Gnade betteln zu müssen.
Sie wollten füreinander da sein. Sie waren bereit, Zusammenhalt und Familie über alles zu setzen. Sie wollten dafür jetzt investieren, statt das Geld, was ihre Altersvorsorge hätte sein können, auf der Bank liegen zu lassen. Und sie wollten etwas für die Umwelt tun, damit auch die Kinder und Enkel noch etwas von und auf dieser schönen Welt genießen hätten können.
Ohne Happy End
Und wieder zeigt sich, wer viel will, verliert unter Umständen alles.
Soll das die Moral sein?
Menschen, die bereit sind, alles zu geben, so vor den Kopf zu stoßen, kann nicht im Sinne guter Politik sein.
Ein solches Verhalten kennt man aus Märchen. Dann, wenn grausame Herrscher beschrieben werden, die ihren Untertanen nichts Gutes wollten.
Und auch diese Geschichte ist wie ein Märchen geschrieben.
Das Traurige daran: Sie ist wahr.
Wer Kontakt zu den Eheleuten aufnehmen möchte, kann dies gerne tun. Die Geschichte ist so real, wie sie traurig ist. Wer eine Lösung offerieren kann, ist mit dieser herzlich willkommen.