Nadine Rebel
Dein Leben möchte ich auch haben! Abends für 3 Stunden im Studio Kurse geben, die einem auch noch selbst Spaß machen und das war’s dann. Tatsächlich gibt es einige Personen, die der Meinung sind, damit wäre die Arbeit getan. Das wurde mir bei einem Gespräch mit Referatsmitarbeitenden Ende Januar 2023 wieder einmal bewusst. Vor allem, wenn dieser Ursprungsgedanke mit dem Gedanken verbunden wird, dass man dann ja stinkreich sein müsse, wenn man von 14 Stunden Arbeit pro Woche „leben“ könnte.
Hintergrund
Beim Vor-Ort-Termin ging es darum, die Situation kleiner und mittelständischer (eher kleiner) Unternehmen im Sportbereich darzustellen, die nicht als Verein aufgebaut sind. Es ging um einen Austausch bzgl. der sich darstellenden Probleme, der Herausforderungen, der Nachwehen der Corona-Maßnahmen, der Kundengewinnung und um das Problem der „Energiekrise“. Ich habe mich sehr gefreut, dass man sich die Zeit nahm, zu dritt das Studio CrazySports Augsburg zu besuchen, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen.
Davon leben Sie dann aber nicht, oder?
Diese Frage wurde gegen Ende von einer der anwesenden Personen gestellt, nachdem man aufgelistet hatte, wie viele Kurse in der Woche im Studio stattfinden würden. Die Frage an sich ist mehr als legitim, allerdings wurde mir (einmal mehr) klar, dass viele Personen, die als Angestellte arbeiten, nicht verstehen, dass die Netto-Arbeitszeit nicht mit der Brutto-Arbeitszeit gleichzusetzen ist.
Vielseitig aufgestellt
Tatsächlich sind wir breit aufgestellt. So wie es heute leider in vielen Bereichen nicht mehr ausreicht, einen Vollzeitjob zu haben, so hätte uns spätestens seit den Lockdown-Maßnahmen eine Fixierung auf einen einzigen Bereich das Genick gebrochen. Ob es die „Energiekrise“ schaffen wird, werden wir sehen.
Damit es reicht, wird alles in die Waagschale geworfen. Körperliche Arbeit, geistige Arbeit, Autorentätigkeit, Seminartätigkeit, Trainerausbildungen und alle administrativen Tätigkeiten, die eine Selbständigkeit so mit sich bringt.
Pro Woche sind das mehr als 14 Stunden, auch mehr als 40. Wenn man davon nur schwer leben kann, dann sollte man sich Gedanken machen.
Und so stieß ich auf folgendes Zitat.
Die Mühen interessieren nicht
Wer angeben will, soll es mit Leistung tun,
die Mühe interessiert nicht.
© Joachim Panten (1947 - 2007), deutscher Aphoristiker und Publizist
Hier scheint der Kern des Problems zu liegen. Zum einen habe ich nichts, mit dem ich angeben kann, zum anderen ist die sichtbare Leistung zu klein, als dass man sie erkennt.
Aber will ich angeben? Ich will nur etwas beruhigter leben und arbeiten.
Ich will mir keine Dinge kaufen von Geld, was ich nicht habe, damit ich dann Leute beeindrucken kann, die ich nicht mag. Auch das ist ein Zitat.
Interessanterweise stammt dieses Zitat aus dem Film „Fight Club“. Ja, manchmal komme ich mir vor wie in einem permanenten Kampf. Das Aufstehen nach jeder erneuten Niederlage wird nur immer schwerer.
Was eine außenstehende Person sieht, ist ein Mensch, der für ein paar Stunden ein bisschen körperliche Arbeit leistet und andere Personen kritisiert, korrigiert, herumscheucht und sich dabei selbst darstellt.
Was dahinter steckt
Viele Jobs werden in Familienunternehmen vereint. Systemadministrator, Buchhalterin, Raumpflegerin, Choreographin, Social Media Beauftragte, Lohn- und Gehaltsabrechnung, etc.
Selbst schuld, wenn man es nicht geschafft hat, so groß zu werden, dass man all diese Bereiche outsourcen kann.
Die Mühen interessieren nicht. Die Leistung ist zu klein.
Abrupt auf dem Boden der Tatsachen
Und da ich immer versuche, die Dinge von mehreren Seiten zu betrachten, lässt mich dieses Erlebnis nicht los.
Durch die Frage, ob man denn dann von 14 Stunden Arbeit pro Woche leben könne, wurde mir bewusst, dass man es schwer haben wird, blinden Menschen Farben zu erklären.
Irgendwie hat mich diese Frage frustriert.
Wie will man die Herausforderungen eines „Mittelständlers“ verständlich darstellen, wenn man in den Augen der Betrachter nicht wirklich arbeitet?